Page 11 - Obersee Zeitung - KW 44 - 2021
P. 11
DIENSTAG, 2. NOVEMBER 2021 SEITE 11
Brauchen die Medien Subventionen? Verleger Bruno Hug im Interview.
«Die Medien-Subventionen grenzen an eine
staatspolitische Zumutung»
Bruno Hug ist Mitglied des Dies ist ein schlechter Witz. lage kontrolliert. Das führte in
Komitees, das sich gegen Erstens trifft die digitale den letzten Jahren zum Nach-
die geplanten Subventio- Transformation alle Firmen teil der Leserinnen und Leser
nen an die Schweizer Verle- und niemand sonst verlangt zu redaktionellem Einheits-
ger in Höhe von jährlich 178 nach Staatsgeld, um diese zu brei, zu Konzernjournalismus
Millionen Franken stemmt. finanzieren. Und zweitens hat und Medien-Mainstream. Mit
Das Referendum gegen die die Verlagsbranche die digitale der staatlichen Medienfinan-
«Staatsgeld-Verschwendung», Transformation schon längst zierung wird diese triste Ten-
wie Hug sie nennt, kam mit hinter sich. Die Grossverle- denz noch zunehmen.
der Rekordzahl von über ger kontrollieren alle digitalen
117'000 Unterschriften zu- Märkte des Landes, von Job- Weshalb?
stande. Das Schweizer Volk Scout über Auto-Scout bis Ri- Weil dann die Grossen noch
wird im kommenden Februar cardo oder Tutti.ch. Sie haben mehr Geld in ihren Kassen ha-
über das «Massnahmenpaket diese Inseratemärkte förmlich ben, um die Kleinen auszuhe-
zu Gunsten der Medien» ab- aufgesogen und verdienen da- beln.
stimmen. Bruno Hug erklärt ran bis 70 Prozent der darin
im folgenden Interview, wa- Bild: pixabay erzielten Umsätze. Die klei- Sämtliche Gratis-Medien wä-
rum die Verleger hier über Das Mediensubventionsgesetz, worüber wir am 13. Februar 2022 abstimmen nen Verleger werden sich diese ren mit dem neuen Medienpa-
das Ziel hinausschiessen. werden, sorgt für heftige Diskussionen. Märkte auch mit Staatsgeld nie ket von den Staatssubventio-
mehr zurückholen können. nen ausgeschlossen. Was ist
Bruno Hug, warum treten Sie Ausserdem erhalten die priva- So ist es. Die Verleger haben Nun schieben die grossen Me- der Hintergrund?
gegen das «Massnahmenpaket ten Medienhäuser vom Bund nicht erwartet, dass jemand dienkonzerne als riesige Sub- Damit sich die vom Staat be-
zu Gunsten der Medien» an? jährlich 53 gegen diese ventionsgewinner mit dieser vorteilten, heute arrivierten
Hug: Weil die Staatsfinanzie- Millionen an «Das Volk lehnt staatspoliti- faulen Argumentation die klei- Verleger mit dem Geld der
rung privater Medien schäd- ihre Zeitungs- sche Zumu- nen Verlage vor, um an Staats- Steuerzahler jede neue Kon-
lich und unnötig ist. Damit verteilung be- Konzern journalismus tung aufsteht geld heranzukommen. Und kurrenz vom Hals halten kön-
würde im grossen Stil Steuer- zahlt. Des und Medien- und ihr Fehl- das erst noch mit Kleinverla- nen. So können sie ihre Mono-
geld verschwendet werden. Weiteren kas- Mainstream ab.» verhalten mit gen, die es, wie erwähnt, kaum polstellungen betonieren, was
Ausserdem verzerren die Sub- sieren sie für einem Refe- mehr gibt. Übler geht es nicht zum Gegenteil von Medienviel-
ventionen den Markt, betonie- ihre privaten rendum öf- mehr. falt, nämlich zu Medienarmut
ren die Medienmonopole der Radio- und TV-Stationen jedes fentlich wird. Nun können sie führt. Zugleich nimmt die Poli-
Grossverleger und machen sie Jahr 81 Millionen Franken aus nur noch verlieren. Der Verlagschef der Freibur- tik als Gesetzgeberin in Kauf,
von Staatsgeld abhängig. Das dem SRG-Gebühren-Topf. Zu- ger Nachrichten vertritt im dass die Jugend und weniger
ist Gift für die Schweizer De- dem profitieren sie von der re- Warum? Verlegerverband die Kleinver- begüterte Bürger zu Zeitungs-
mokratie. duzierten Mehrwertsteuer, was Kommt das Mediensubven- leger. Er sagt, ohne Staatsub- und Online-Abonnements ge-
jährlich nochmals 130 Millio- tions-Gesetz am 13. Februar ventionen werde der Kanton zwungen werden – oder sich
Wer würde von den jährlich nen Franken ausmacht. 2022 in der Volksabstimmung Freiburg zur medialen Wüste. von der politischen Informa-
178 Subventions-Millionen durch, wird den Verlagsredak- Auf dieser Klaviatur spielen tion verabschieden müssen.
profitieren? Da kommt viel Geld zusam- tionen künftig bei jedem poli- auch andere lokale Zeitungs- Das zeigt, dass das neue Me-
Rund zwei Drittel, also rund men. tischen Bericht vorgeworfen, monopolisten. Alle diese Ver- diengesetz zu allem Übel auch
130 Millionen Franken, wür- Sehr viel Geld. Die Verleger sie seien vom lage sind aber noch höchst unsozial ist.
den den steinreichen Gross- werden von der Politik gemäs- Staat gekauft. finanziell ge-
verlegern zufliessen. So an tet und hofiert. Zusammen Jeder weiss «Die Politik will sund. Und soll-
die Tages-Anzeiger-Gruppe, mit den neuen Subventionen künftig, dass es sich die Medien ten sie nur noch Redaktion
an Ringier, an die Hersant Mé- würden die privaten Medien- den Verlegern gefügig machen.» mit Staatshilfe
dia im Welschland, an CH Me- häuser die Steuerzahler jähr- nicht um die überleben kön-
dia oder Somedia im Bündner- lich rund 400 Millionen Fran- ehrenhafte Auf- nen, haben sie
land. Solchen wohlhabenden ken kosten – in 10 Jahren also gabe geht, die Politik zu kon- keine Berechtigung mehr. Das
Unternehmern das Geld der 4 Milliarden. Wir haben in der trollieren, sondern nur ums Medienpaket ist von A bis Z
Steuerzahler nachzuwerfen, Schweiz schon lange österrei- Geld. Das Subventionsvorha- ein Schwindel.
grenzt an eine staatspolitische chische Verhältnisse, nur wird ben ist ein Armutszeugnis für
Zumutung. das Geld etwas geheimnisvol- die einst stolze Verlagsbran- Sie führen aus, das «Massnah-
ler verteilt. Niemand weiss, che. menpaket zugunsten der Me-
Profitieren die Kleinverlage wer wie viel einsackt. dien» schade der Demokratie.
vom staatlichen Geldsegen Warum machen die Politiker Warum?
denn nicht? Sie schreiben auf ihrer Web- das Spiel mit? Eine lebendige Demokra-
Klar, aber sie erhielten nur den seite www.staatsmedien-nein. Weil sie sich die Medien gefügig tie braucht unabhängige Me-
kleinen Teil des Subventions- ch, die Verleger würden mit machen wollen. Ganz schlecht dien. Mitte-Ständerat Bene-
Kuchens. Und ausserdem sind den Subventionen ihre Glaub- stehen die Politiker aus dem dikt Würth, der Mitglied des
auch die Kleinverlage begütert würdigkeit verlieren – wes- linken und dem Mitte-Links Parlamentarier-Komitees ist,
und meistens durch ein breites halb? Spektrum da. Sie unterstützen das gegen die Medien-Subven-
Aktionariat abgesichert. Mir Die Verleger machen sich vor das Medienpaket fast durch- tionen antritt, sagte in einem
ist kein Verleger bekannt, der dem Volk zu Bettlern, wollen wegs. Es ist für mich ein Rät- Vortrag: «Die Medien müssen
vor dem Konkurs steht oder aber zugleich demokratie-rele- sel, warum sich sozial gebende den Staat kontrollieren, und
Konkurs gemacht hat. Zudem vant sein. Jeder weiss, dass das Politikerinnen und Politiker nicht der Staat die Medien.»
gibt es in der Schweiz prak- nicht zusammenpasst. dafür hergeben, reichen Ak- Würth hat Recht, denn staats-
tisch keine Kleinverlage mehr. tionären, Millionären und Mil- abhängige Medien reden den Bild: zVg
Der Griff der Verleger in die liardären das Geld ihrer Wäh- Politikern nach dem Mund und Bruno Hug führt das Ver-
Erhalten die Verleger heute Staatskasse ist drastisch. ler zuzuschaufeln. sind damit Gift für die Demo- lagsunternehmen Portal24
schon Staatsgeld? Sie glaubten, dass sie das be- kratie. Der Volksmund weiss: AG, in dessen Online-Ver-
Viel mehr, als sich jeder- denkliche Geschäft im Stillen Der Verlagschef der Tages- «Wes Brot ich ess, des Lied ich bund 16 lokale Online-Por-
mann vorstellen kann. Selbst über die Bühne bringen könn- Anzeiger-Gruppe und Prä- sing.» tale zusammengeschlossen
im Corona- Jahr 2020 haben ten. In ihren Zeitungen haben sident der Schweizer Verle- sind. Er gab und gibt in den
die vier grössten Medienkon- sie über den Subventions-Deal ger, sowie sein Vizepräsident, Sie kritisieren in ihren Re- letzten 40 Jahren verschie-
zerne der Schweiz insgesamt dementsprechend praktisch der Grossverleger aus Ba- ferendums-Unterlagen den denste Print- und Online-
275 Millionen Franken ver- nicht berichtet… den, verkünden, die Kleinver- Konzern-Journalismus und Medien heraus und war in
dient. Trotzdem steckte ih- leger bräuchten das Staats- den Medien-Mainstream. mehreren Schweizer Verla-
nen der Bundesrat als Corona- …das haben Sie den Verlags- geld, um die anstehende, digi- Rund 80 Prozent der politi- gen in Führungsfunktionen
Entschädigung still und leise häusern nun richtiggehend tale Transformation zu finan- schen Schweizer Medien wer- und als Verleger tätig.
volle 78 Millionen Franken zu. vermasselt… zieren. Was ist daran? den durch wenige Grossver-